Ausnahmezustand Erde
Kein anderer Begriff hat den wissenschaftlichen Diskurs der letzten Jahrzehnte derart geprägt wie das Anthropozän. Die Idee eines neuen geologischen Zeitalters, in dem die Menschheit zu einer geophysiologischen Größe geworden ist, schlägt nicht nur in der Geologie und Klimatologie hohe Wellen. Auch Grundannahmen der Kultur- und Geisteswissenschaften stehen zur Disposition und mit ihnen auch die Grenzen zwischen den Disziplinen.
Gegenwärtige Bestsellerlisten zeigen, Anthropozän und Klimawandel sind längst auch schon in der Literatur angekommen. Es stellt sich die Frage, ob es über die inhaltliche Auseinandersetzung mit einzelnen Aspekten (Klimawandel, nature writing etc.) hinaus so etwas wie eine spezifische Ästhetik des Anthropozäns gibt. Finden sich in gegenwärtigen (oder gegenwärtig neu gelesenen) Texten Schreibweisen und Lesarten, die die Grundannahmen des Anthropozän-Diskurses auch innerliterarisch produktiv machen?
Die Tagung, die von Studierenden der Germanistik in Graz getragen wird, präsentiert ausgewählte ästhetische Positionen einer Literatur im Anthropozän und stellt sich der Aufgabe, die überaus heterogenen literarischen Formen und Erzählstrategien, die sich hier beobachten lassen, kritisch zu analysieren.
Im Rahmen der Konferenz Ausnahmezustand Erde. Literatur im Anthropozän hält Nima Gruber einen Vortrag unter dem Titel „als hätt’ der Himmel / die Erde still geküßt“. Überlegungen zum Mensch-Natur-Verhältnis in Romantik und Anthropozän.