Broterwerb, Alltagsgeschäft, künstlerische Praxis
Gefördert von der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung
Organisiert von Jadwiga Kita-Huber (Krakau) und Frederike Middelhoff (Frankfurt)
Die Tagung widmet sich den zum Teil unerschlossenen oder bislang kaum erforschten Übersetzungen und übersetzungstheoretischen Schriften, die Frauen im späten 18. und langen 19. Jahrhunderts verfassten und die mit der heutige in Krakau befindlichen Sammlung Varnhagen in Verbindung stehen. Für die Übersetzungs- und die Literaturwissenschaften bietet sich somit die Gelegenheit, neue Erkenntnisse über die Relevanz und die Aktivität des Übersetzens von Akteurinnen wie Helmina von Chézy (1783–1856), Sarah Austin (1793–1867), Ottilie von Goethe (1796–1872) und Caroline de Crespigny (1797–1861) zu gewinnen. Die Vorträge nehmen die Schriften der Übersetzerinnen aus der Sammlung Varnhagen zum Anlass, die vielfältigen Praktiken des Übersetzens zu differenzieren und sowohl die ästhetischen Strategien als auch die kulturpolitischen Maximen der Übersetzerinnen zu ermitteln. Übersetzen eröffnete sich Frauen um und nach 1800 nicht nur als Berufsperspektive und finanzielle Einnahmequelle. Vielmehr muss ihre Übersetzungstätigkeit im Spannungsfeld u.a. zwischen künstlerischem Selbstausdruck, dem Verlagen zur Mitgestaltung ästhetischer Geschmacksbildung und alltäglichen Formen des Übersetzens in der schriftlichen, oftmals mehrsprachigen Kommunikation verortet werden. Ziel der Tagung ist, zu zeigen, wie Übersetzung für die Kulturvermittlerinnen der Sammlung Varnhagen sowohl Kunst und kreativer Selbstausdruck als auch Alltagsgeschäft und Broterwerb bedeuten konnte.
Programm
Veranstaltungsort Małe Paderevianum (al. Adama Mickiewicza 11), Raum 2.5.
27. Februar 2025
Translatorische Biographie und Übersetzerinnen-Netzwerk im Kontext der Korrespondenzen in der Sammlung Varnhagen
9:30–11:00
Pawel Zarychta (Krakau): „ein italiänisches Liedchen habe ich auch übersetzt” – Rosa Maria Assings translatorische Tätigkeit im Spiegel der Dokumente aus der Sammlung Varnhagen
Barbara Bruks (Krakau): Henriette Schubart – Porträt der Übersetzerin
11:30–13:00
Führung durch das Archiv der Jagiellonen-Bibliothek/ Präsentation ausgewählter Manuskripte
Übersetzung und europäischer Kulturtransfer
14:30–16:00
Kirsten von Hagen (Gießen): Formen des „Zwischen-Welten-Schreibens“ bei Helmina von Chézy
Anna Gajdis (Wrocław): „Eine Alltags=Uebersetzung verdient nicht so viel Ehre“. Esther Gad (1765-1836) als Übersetzerin der Briefe aus Spanien (1822) von Leucadio Doblado (1775-1841)
Praxis und Reflexion: Verfahren des Übersetzens
16:30–18:00
Renata Dampc-Jarosz (Katowice): Übersetzung als Weg zur Selbstbehauptung. Fanny Tarnows (1779-1862) übersetzerische Tätigkeit im Lichte ihrer Korrespondenz aus der Sammlung Varnhagen
Katarzyna Szarszewska (Krakau): „[E]s scheint mir verdienstlicher einen großen Dichter unserer Litteratur bekannt zu machen, als zu der Ueberschwemmung mittelmäsiger Dichtungen […] noch etwas sehr mittelmäsiges hinzuzuschreiben“ – (Selbst)Reflexionen der Übersetzerin in Elise von Hohenhausens in Briefen an Helmina von Chézy
28. Februar 2025
Dichten, übersetzen, sammeln, edieren… Mehrfachaktivitäten und Teamwork im literarischen Feld
9:30–11:00
Vera Viehöver (Liège): Spuren der Autorin, Übersetzerin und Herausgeberin Karoline von Woltmann in der Sammlung Varnhagen
Angela Sanmann-Graf (Lausanne): Ottilie von Goethe: Autorin, Übersetzerin, Herausgeberin – Einblicke in ihren Nachlass
11:30–13:00
Frederike Middelhoff (Frankfurt): Sarah Austins ‚Stück-Werk‘ – rewriting als Arbeit am Kanon
Jadwiga Kita-Huber (Krakau): Caroline de Crespignys übersetzerische Tätigkeit und die Sammlung Varnhagen
Drama der Ökonomie(n): Übersetzen und Schauspiel
14:30–16:00
Carola Hilmes (Frankfurt): Regina Frohbergs Übersetzungen fürs Theater zwischen Broterwerb und Kunstanspruch: Rezeption, Adaption, Korrektur
Felix Lempp (Bern): Doppeltes Übersetzen. Charlotte Birch-Pfeiffers Bühnenstück Die Waise aus Lowood (1853) und Charlotte Brontës Jane Eyre (1847)
Abschlussdiskussion