Workshop „Vom Schattendasein zum Licht und wieder zurück? Naturwissenschaft und Literatur im Zeichen des Esoterischen“
Das Anliegen des an der JMU Würzburg stattfindenden Workshops ist es, Aushandlungsprozesse und deren Dynamiken in Bezug auf esoterisches Wissen zu untersuchen. In erster Linie soll danach gefragt werden, wann dieses Wissen erklärbar ist, erklärbar wird oder wieder aus dem Verwissenschaftlichungsprozess ausscheidet. Anhand ausgewählter literarischer und theoretischer Beispiele sowie mittels kurzer wissensgeschichtlicher Inputs soll innerhalb des Workshops diskutiert werden, wie wissenschaftliche Praktiken an esoterischen Prinzipien anknüpfen bzw. wie säkulare Episteme wiederum in die Esoterik zurückführen.
Das komplexe Wechselverhältnis zwischen naturwissenschaftlicher Welterklärung und metaphysischer Daseinsvergewisserung prägt spätestens seit der Spätaufklärung und der sich parallel vollziehenden Gegenaufklärung den Diskurs. Als Beispiel seien Franz Anton Mesmers Abhandlungen über den ‚thierischen Magnetismus‘ genannt, die Bezüge zu esoterischem Wissen aufweisen. Dieses mesmerische Konzept erlaubt es Autoren wie Justinus Kerner oder auch Gotthilf Heinrich Schubert esoterische Gedankenfiguren aufzunehmen und zu radikalisieren.
Aushandlungsprozesse, wie die beschriebenen, werden aber auch und besonders in der Literatur geführt: Neben Heinrich von Kleist, E.T.A. Hoffmann und Jean Paul auch bei Ludwig Tieck, dessen späte Novelle Die Wundersüchtigen (1831) die ‚Nachtseite‘ des Magnetismus beleuchtet. Die Wechselbewegungen, Amalgamierungen, Übergänge und Radikalisierungen esoterischen Gedankenguts in Wissenschaft und Literatur sollen innerhalb des Workshops nicht nur für die Zeitspanne des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts diskutiert werden. Alte Theoreme werden um 1900 wieder aufgegriffen und neu ausgehandelt. Um die Jahrhundertwende finden sich gerade im Bereich des Hypnotismus ähnliche Strukturen wie im Magnetismus. Hippolyte Bernheim, um einen Vertreter der Hypnosetheorie der Zeit zu nennen, rekonstruiert diese Entwicklungslinien in seinen (von Sigmund Freud übersetzten) Neuen Studien ueber Hypnotismus, Suggestion und Psychotherapie (1892). Arthur Schnitzlers Erzählung Die Weissagung (1905) zeichnet diese Rezeptionslinie im Bereich der Literatur nach und experimentiert bereits mit parapsychologischen Gedankenfiguren, die ebenfalls auf dem Workshop anhand W.H. Myers Beschäftigung mit Automatic Writing untersucht und diskutiert werden sollen.
Der ganztägige Workshop (9:00-16:00 Uhr) wird in hybrider Form stattfinden. Interessierte dürfen sich sehr gerne per E-Mail (roya.hauck(at)uni-wuerzburg.de) anmelden und bekommen dann weitere Informationen zugesendet (Programmablauf, Anreiseinformationen, Zoom-Link, Reader etc.). Auch Masterstudierende sind herzlich eingeladen!