Saul Aschers Reaktion auf die Judenfeindschaft der deutschen Tischgesellschaft
Die Tischgesellschaft
Am 18. Januar 1811, dem Krönungstag der preußischen Monarchie, wurde in Berlin die christlich-deutsche Tischgesellschaft als „patriotischer Verein zur geistigen Mobilmachung kurz vor den Befreiungskriegen“ [1] gegründet. Treibende Kräfte dabei waren Achim von Arnim und Adam Müller. Bereits die Eingangsstatuten legten fest, dass ausschließlich männliche, deutsche und nicht-jüdische Personen als Mitglieder akzeptiert wurden, wobei die Statuten dezidiert auch getaufte Juden ausschlossen. Da dieser Passus erst durch einen Mehrheitsbeschluss der Mitglieder der Gesellschaft eingefügt wurde, wird sein konstitutiver und die Mitglieder ausdrücklich legitimierter Status ersichtlich. Während die lange vorherrschende Forschungsmeinung, bei der Tischgesellschaft handele es sich um eine antireformerische und tendenziell altständische Vereinigung, spätestens durch Stefan Nienhaus’ umfangreiche Studie von 2003 revidiert wurde, erscheint heute vor allem die Anzahl von Personen, die sich der Romantik zurechnen lassen, bemerkenswert. Neben Arnim gehörten allein zu den Gründungsmitgliedern Clemens Brentano, Heinrich von Kleist, Johann Gottlieb Fichte und Friedrich Schleiermacher. [2]
Sowohl Arnim als auch Brentano präsentierten, neben etlichen anderen, Texte mit judenfeindlicher Rhetorik, die eine über den aufgeklärten Antijudaismus hinausgehende Qualität aufwiesen und mit denen eine apriorische Unvereinbarkeit von Juden- und Deutschtum postuliert wurde. Auch Arnims sogenannte Judengeschichte mit Moritz Itzig, der als Neffe der Salonnière Sarah Levy von Arnim eine Entschuldigung oder ein Duell forderte, nachdem dieser ohne Einladung und mit provokantem Verhalten bei einem Salon Levys erschien, fällt in diese Zeit und wird von ihm ausgiebig vor der Gesellschaft besprochen. Arnim sagte hochmütig ab und holte bei einigen Tischgenossen herablassende und beleidigende Gutachten zur Duellfähigkeit von Juden ein. Die Folge war eine Schlägerei in einer Badeeinrichtung und eine Anzeige gegen Itzig vor dem Berliner Kammergericht. [3]
Anhand der kritischen publizistischen Reaktionen auf die Tischgesellschaft, allen voran durch den jüdischen Schriftsteller Saul Ascher, soll in diesem Impuls nachgezeichnet werden, wie die Unifizierungsversuche in Berlin im napoleonischen Zeitalter, die sich nach innen gegen Juden und nach außen gegen die Franzosen richteten, rezipiert wurden.
Achim von Arnims und Clemens Brentanos judenfeindliche Texte
Exemplifiziert werden soll an dieser Stelle der inhaltliche Kern der Judenfeindschaft anhand zwei zentraler romantischer Autoren, Clemens Brentano und Achim von Arnim. Brentanos im März 1811 gehaltene Rede Der Philister vor, in und nach der Geschichte stellte auch für die Tischgesellschaft eine Besonderheit dar, da sie nach der begeisterten Aufnahme durch das Auditorium gedruckt wurde. Während die hier bekämpfte Philisterei mit heutigem Vokabular wohl am ehesten mit spießbürgerlicher Pedanterie, mangelndem ästhetischen Verständnis und dem sprichwörtlich verwehrten Blick über den Tellerrand, der sich im Verkennen höherer Ideen und Ideale äußert, verbunden werden kann, verknüpft Brentano in seiner Tischrede das Philisterhafte wirkmächtig mit dem Judentum. Das ist insofern interessant, da die (Theologie-)Studenten, die den um 1800 herum gebräuchlichen Begriff prägten, die biblischen Philister als Gegner der Israeliten vor Augen hatten, sich also quasi selbst mit den Juden gegen ihre Widersacher identifizierten.
Die Philister wie auch die Juden sind für Brentano der Gegenpol zum romantischen Ideal der Männer „reinen, ursprünglichen und fröhlichen Herzen[s]“, wie sie als „unverbrauchte lebendige Gesellen“ auch die Tischgesellschaft prägen sollen. Philister wie Juden sind dagegen „Kinder des Todes“, „leblos, verbraucht und sozusagen ausgespuckt“ [4], die es auszumerzen gelte. [5]
Anders als die Philisterei, die „durch ein auf ‚Selbstreinigung‘ zielendes ‚Lachprogramm‘ exorziert werden“ [6] soll, benennt Arnim in seiner Tischrede Ueber die Kennzeichen des Judenthums eine ganze Reihe von Stereotypen, die er als unveränderliche Wesensmerkmale der Juden ausmacht. [7] Diese aufzuzeigen, so Arnims selbsterklärte Intention, sei wichtig, da die jüdische Emanzipation mit ihren rechtlichen, auch in Preußen ganz konkreten Gleichberechtigungsbestrebungen die ‚Gefahr‘ mit sich bringe, akkulturierte Juden nicht mehr erkennen zu können; ein ‚Lösungsvorschlag‘ Arnims ist die Verpflichtung zum Tragen bestimmter Abzeichen auf der Kleidung.
Der zweite Abschnitt von Arnims Tischrede bezieht sich auf jene angeblichen Kennzeichen, die es selbst dem ‚heimlichen Juden‘ unmöglich machen, gänzlich unsichtbar zu sein. In diesem zotengespickten Teil, in dem es um Erbkrankheiten und wesensimmanente Hygieneprobleme geht, bietet Arnim der Zuhörerschaft Vernichtungsfantasien und sexuelle Aggression. Als makabren Höhepunkt präsentiert er eine „brutal-sadistische Groteske“ [8] über chemische Experimente zur Zerlegung und Sezierung des menschlichen jüdischen Körpers. Wichtig ist dabei die Erkenntnis, dass Arnim wie auch andere Tischgenossen nicht der Idee des aufgeklärten Antijudaismus folgen, der den orthodoxen Juden im Schtetl als anachronistischen Antagonismus zur Moderne betrachtet, sondern, und hier zeigt sich ein reaktionärer Kern der Romantik, den akkulturierten, gebildeten und nicht mehr ‚klassisch erkennbaren‘ Juden mit „der Maske des Eigenen“ [9] als Widersacher ansehen. Arnim bezweckt damit eine „Ent-Ähnlichung“ von Juden und Deutschen für die „Herstellung (ethnischer und nationaler) Homogenität, durch die eine als Kontamination gedeutete Akkulturation rückgängig gemacht wird.“ [10]
Auch den Vorfall mit Moritz Itzig verarbeitet Arnim und deklamiert in einer langatmigen, 34 Seiten umfassenden Rede vor der Tischgesellschaft im pathetischen Ton seine Überlegenheit gegenüber dem Widersacher. Die Rahmenerzählung ist dabei ein epischer Kampf des guten Christen, der sich nach den Mühen Tages friedlich ausruhen möchte, gegen den Diener Satans. Der Pilgerstab des Christen, ein Äquivalent zu Arnims eigenem Gehstock, mit dem er sich in der Prügelei mit Itzig zur Wehr gesetzt hatte, dient dabei als strafende Waffe Gottes, der sich gegen den nach Christenblut dürstenden Juden behauptet. Auch in den wenig später erschienenen Schriften Isabella von Ägypten und Versöhnung in der Sommerfrische greift Arnim das Thema erneut auf, wobei neben dem christlich-antijudaistischen Topos des jüdischen Blutdurstes auch die für den Antisemitismus zentralen Elemente des Wuchers und der Geldgier eine Rolle spielt.
Diese lange und sicher ermüdende Tischrede Arnims ist definitiv nicht seine konsistenteste Schreibarbeit. Sie endet mit der im Skript begeistert unterstrichenen Idee, die Juden mögen zwar aus der christlichen Gesellschaft ausgeschlossen werden, außerhalb von dieser und nach einer von Arnim zugestandenen Konvertierung zum Christentum könnten sie aber als Mönchsorden fortleben, um ihrerseits heidnische Völker zu missionieren. Es findet sich an dieser Stelle also im Rekurs auf den Ahasverus-Mythos des ‚ewigen Juden‘ ein prägnantes christlich-antijudaistisches Motiv, das die angeblich negativen Kollektiveigenschaften der Juden aus ihrer Religion erklärt, nicht jedoch aus einer wie auch immer gearteten ‚Menschenrasse‘ heraus. Eine mögliche Konversion wird eingeräumt, selbst wenn Arnim auch konvertierten Juden ihre Mitgliedschaftsberechtigung abspricht – in der Tischgesellschaft wie in der ganzen preußischen und deutschen Gesellschaft.
In seiner umfangreichen Studie von 2008 zeichnet Marco Puschner die Mechanismen dieses Ausschlusses, gerade auch bei Arnim und Brentano, nach und betont, dass das integrative Element des frühen Nationalismus des 19. Jahrhunderts, der die unterschiedlichen deutschen Teilstaaten verbinden sollte, vorrangig ex negativo über die Abgrenzung zu vermeintlich Fremden funktionierte. Gerade in der Betonung der Einheit von Deutsch- und Christentum, wie sie von führenden Mitgliedern der Tischgesellschaft wie Brentano, Arnim und auch Adam Müller postuliert wird, funktioniert das Judentum als Abgrenzungsfolie. [11]
Publizistische Reaktionen auf die Tischgesellschaft
Die Tatsache, dass selbst getaufte Juden ausgeschlossen wurden, ist gemeinsam mit den nach außen dringenden Inhalten der Treffen erster Anlass für Saul Ascher, sich am 01. Mai 1811 in den Schweizer Miszellen für die neueste Weltkunde seines Freundes Heinrich Zschokke der Tischgesellschaft zu widmen. „Eins ihrer Statute setzt nämlich fest, daß kein Jude, kein getaufter Jude und kein Nachkomme eines getauften Juden sogar, als Mitglied aufgenommen werden soll. Weiter kann doch warlich die Reinheit nicht getrieben werden!“ Er führt aus, dass die Gesellschaft nach eigenem Bekunden „freilich keine politische Tendenz haben“ solle, die Statuten aber, allen voran der Ausschluss selbst von getauften Juden, „über den Geist der zeitigen deutschen Kultur einige Winke zu geben vermögen.“ Ascher benennt in dem Artikel „den Professor Brentano, einen Hrn. von Arnim“ und kolportiert, dass „Exzerpte aus dem berüchtigten Eisenmenger von einem der Mitglieder der Gesellschaft zum besten gegeben worden [seien]. Es gehört doch gewiß einige Keckheit dazu, unter den Augen einer Regierung, die Europa das Muster der Toleranz und der Duldung gegeben, die eben begriffen ist, dem von ihr seit einem Jahrhundert gepflegten Keim der Duldung für alle Religionspartheien die Krone aufzusetzen, ein Institut solcher Art zu organisieren.“ [12] Bemerkenswert ist, dass Aschers Artikel, die erste kritische Anmerkung zur Tischgesellschaft, noch vor dem Druck der Philister-Abhandlung Brentanos erscheint; Ascher also durch mündliche Überlieferung eines Insiders informiert worden sein muss, da das Stiftungslied mit den Statuten zum Ausschluss der Juden nur für Mitglieder bestimmt war.
Wenig später, am 15. Juni 1811, erscheint eine erste Rezension von Brentanos Philister-Abhandlung im Morgenblatt für gebildete Stände von Johann Friedrich Cotta, die auf den 22. Mai datiert ist. Autor ist Friedrich Wilhelm Gubitz, der im Morgenblatt gemeinsam mit Ascher aus Berlin berichtet. Dass Ascher und Gubitz auch weitere Projekte zusammen betrieben, zeigt Aschers bereits 1809 erschienener Artikel Apologie des preußischen Staates in Gubitz’ patriotischer Zeitschrift Das Vaterland. [13] Gubitz verweist ironisch darauf, „wie philistermäßig!“ die Bräuche und Statuten der Gesellschaft anmuten und persifliert die „scherzhafte – muß wol heißen schmerzhafte Abhandlung“ [14] Brentanos.
Bereits zwei Wochen später wird der Tischgesellschaft erneut Raum in Cottas Morgenblatt, der wohl wichtigsten Zeitung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, eingeräumt. An gleich drei Tagen liefert Saul Ascher „eine Art Ideologiebericht aus der preußischen Hauptstadt.“ [15] Schon im Korrespondenzbericht in den Miszellen aus dem Mai 1811 bemerkt er, dass man an der 1810 gegründeten Berliner Universität wohl „zu fühlen beginnt, wie schwach es bei der philosophischen Fakultät beschaffen ist.“ Nur wenige seien in der Lage, sich „auf die Höhen der neuesten Philosophie“ zu erheben, weswegen er, etwas verklausuliert, Fichte als Fakultätsleiter, der „sich nicht auf diese emporschwingen kann“, empfiehlt, die „Philosophie“ in Zukunft zu unterlassen [16]. Im Morgenblatt erneuert er die Kritik an der romantischen Professorenriege der Berliner Universität, wobei er im ersten der drei Berichte vom Juli 1811 zunächst bemerkt, dass „[d]er Geist, der in der preußischen Metropole sich regt, […] ganz der Tendenz der politischen und sittlichen Regeneration [entspricht], die [in] Europa entstanden“ und die „Regierung vorzüglich beabsichtigt, jenem schwindelnden und trancendentalen Herumtappen […] mit kühner Stirn zu begegnen.“ Gerade bei Philosophie und Theologie, den Disziplinen Fichtes und Schleiermachers also, sieht er Verbesserungsbedarf. Ascher macht in der Lehre der Professoren eine große „Antinomie mit dem Geist der Nation, der Regierung und der übrigen Disziplinen, ja selbst […] mit den Ideen über Philosophie und Politik, die bey der Majorität der denkenden Köpfe […] im Umlauf waren“ aus. Zwar meint er, dass diese mehrheitlich als „exotische Pflanzen betrachtet“ und von den „Erwählten und Einsichtsvollen“ mit „Gleichmuth und Nachsicht behandelt“ werden, da „man sich nicht von einem fremdartigen Geiste in seiner Denkart irre machen lassen wird“, kündigt jedoch an, „das Treiben und Wirken dieses fremdartigen Geistes nicht aus den Augen zu verlieren“. Ascher deutet die preußischen Reformen also auch als Ausdruck einer philosophischen und geistesgeschichtlichen Modernisierung, die im Sinne der Aufklärung zu mehr Gleichheit und Toleranz führen und betrachtet die philosophische und theologische Lehre an der Berliner Universität als Gefahr für diese. Ob er dabei tatsächlich auf Fichtes transzendentalphilosophische Erkenntnistheorie im Deutschen Idealismus rekurriert, selbst wenn sein abfälliger Verweis auf das transzendentale „Herumtappen“ dies nahelegt, ist fraglich, da er sich nie an einer philosophischen Widerlegung versucht. Wahrscheinlicher ist es, dass er Fichtes politische Schriften und Vorträge, allen voran die einige Jahre zuvor gehaltenen Reden an die deutsche Nation, als nationalistischen Gegenentwurf zu den universalistischen Reformen liest. [17]
Der zweite Bericht, der am folgenden Tag erscheint, wird deutlich konkreter, da Ascher auf direkten Konfrontationskurs mit den Mitgliedern der Tischgesellschaft geht. Ascher scheint kurz vor dem Verfassen des Artikels Brentanos Philister-Schrift gelesen zu haben, die „auf Subscription einer fröhlichen Tischgesellschaft“ gedruckt wurde. Ohne genau zu wissen, „[w]as das für eine christliche Deutschheit oder deutsche Christlichkeit sey“, stellt er fest, dass die Tischgesellschaft im „humanen und toleranten Berlin, ein eigenes Phänomen bildet; denn sie hat durch eines ihrer Statute festgesetzt: daß sie weder Juden, getaufte Juden, noch Kinder getaufter Juden, in ihre Gesellschaft als Mitglieder aufnehmen wolle.“ Die „Tonangeber in dieser Gesellschaft [sind] eingefleischte trancendentale Idealisten und sozunehmende Naturphilosophaster“, womit er als Teil der von ihm vorher kritisierten neuen Schule den Deutschen Idealismus von Fichte und die von diesem geprägte politische Romantik benennt. Zweck der Gesellschaft sei es, „wie Don Quixote gegen einen allgemeinen Feind auszuziehen, der gar nicht vorhanden ist, oder den sich ihr verbranntes Hirn als wichtig genug denkt, einen Strauß solcher Art gegen ihn zu beginnen.“ Ascher trifft damit den Kern der deutschtümelnden Unifizierung, die die Juden als Abgrenzungsfolie benutzt und mit ihrer Postulierung einer wie auch immer gearteten omnipotenten jüdischen Macht die Argumentation moderner Verschwörungsideologien bedient.
Aschers Ton bleibt offensiv, wenn er über die „verzerrte, verdrehte und verkrüppelte Denk- und Schreibart“ Brentanos berichtet und süffisant anmerkt, „daß die armen Philister gegen die Juden öfters Niederlagen erlitten, wie es auch so manchen Mitgliedern der christlich-deutschen Gesellschaft ergangen seyn mag: hinc illae lacrimae!!“ [18] Gerade mit Blick auf Arnims Judenhass, der auch darauf zurückzuführen ist, dass sich seine Familie bei jüdischen Gläubigern verschuldete, trifft er hier ins Schwarze.
Zwei Tage später, am 04. Juli 1811, erscheint der dritte und letzte Teil der Fragmente Aschers. In diesem wendet er sich direkt an die Behörden und fordert von Kaspar Friedrich Schuckmann, der seit November 1810 als Nachfolger Wilhelm von Humboldts der Kultursektion Berlins vorstand, ein Eingreifen gegen die Tischgesellschaft. Für Ascher sind Fichte, Schleiermacher und Brentano „das Kleeblatt des excentrischen Wissens und die wahre Dreyeinigkeit aller spekulativen Doktrin der neuern Schule“, die mit der „idealistischen Philosophie, der mystischen Theologie und der romantischen Poesie“ zusammenwirken. Ascher erkennt dabei das politische Ziel darin, „mit der Einsetzung der Universität die Ansichten der sogenannten Schule zu naturalisieren“, sowohl „esoterisch“ wie auch „exoterisch“, wobei für letzteres „die Religion das beste Aushängeschild,“ [19] sei. Nienhaus betont, dass Ascher hier im Sinne einer Ideologiekritik argumentiere, da es „ihm dabei um die Nutzung einer nurmehr bloß äußerlichen, pseudoreligiösen Gebärde als Autoritätsstützung für eine politisch-weltanschauliche Position“ gehe, die sich anstelle einer von Ascher als „neutrale Vernunft“ betitelten Entität „für berechtigt hält, alles und jeden vor ihrem ideologischen Richterstuhl zu be- und verurteilen.“ [20]
Für Ascher wollen die „Verehrer“ jener Schule „die Priester abgeben, die nach ihrer Ansicht des Menschen Geist zu erleuchten und zu beschränken sich berufen fühlen. Sie vereinigen nun in christlich deutschen Gesellschaften so viele Verehrer oder Bewunderer ihrer Lehre, als sie auftreiben können, und um aufs gelindeste das Ohr oder Gemüth ihrer Verehrer zu ihrer Priesterdenkart zu stimmen, beginnen sie Intoleranz gegen Juden, Täuflinge und deren Nachkommen zu predigen. Es ist zu erwarten, daß auch noch Indier, Mahomedaner, Chineser und ungläubige Barbaren an die Reihe kommen, und wenn diese durchlaufen seyn wird, werden sie in der Christenheit selbst ihre Blicke umherwenden, und mit blutgieriger Stimme den revolutionären Gemeinplatz herauszetern: Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns!“ [21] Ascher versteht also bereits die gruppeninterne Funktion der Ab- und Ausgrenzung, die auf geheim- und männerbündischer Art und Weise Gemeinschaft konstruieren sollte, zunächst unter den Tischgesellen, im Großen aber auch für die zu schaffende Nation.
Davon, dass die Ausbreitung romantischer Ideen in Preußen, allen voran in der Form der gegen die bürgerliche Gleichstellung der Juden gerichtete Agitation in der Tischgesellschaft und die Postulierung mystisch-organischer und anti-universeller Gemeinschaftsvorstellungen, Ascher in Sorge versetzte, zeugen nicht nur die Artikel zur Tischgesellschaft aus dem Frühjahr und Sommer 1811. In den Mannigfaltigkeiten aus Berlin vom 14. Dezember 1811, die auf Ende November datiert sind, greift er die „Auesserungen der sogenannten ‚Schule‘“ auf, die mit ihrer „verkrüppelte[n] Geistesstärke“ mittelbar zum Selbstmord Heinrich von Kleists geführt habe. Dieser wie auch Henriette Vogel, mit der er sich am 21. November 1811 suizidierte, seien „Opfer einer mystischen Denkart geworden, welche sie in den Hallen einer Schule einatmeten, die in den Mystizismus nur die Quelle alles Heils ahnet. Es charakterisiert den Geist der Zeit und gibt auch einiges Licht auf die gangbare Denkart gewisser Zirkel unserer Metropole […].“ [22] Sicher ist, dass Ascher in der Tischgesellschaft einen der wichtigsten jener ‚Zirkel‘ sah.
Der politische Nachhall. Rekurse auf die deutsche Tischgesellschaft und deren Reaktion nach dem sechsten Koalitionskrieg
Das Tagblatt der Gesellschaft von der 165. Versammlung im Jahr 1815 zeugt davon, dass die Tischgesellschaft Ascher seine Kritik nicht verzieh. Das Protokoll, das zum 2021 wiederentdeckten und digitalisierten Nachlass der Tischgesellschaft gehört, berichtet davon, dass der Sprecher „einige Stellen aus einer so eben erschienenen Schrift vor[las], wodurch ein hiesiger Jude Saul Ascher unter dem Titel Germanomanie zu Tage gefordert hatte, desnehmlichen Gesellen der schon im Jahre 1811 diese Tisch-Gesellschaft den Lesern der [unleserlich, wohl neuesten] Miszellen als einen Vereine denunziert hatte welcher sich gegen den Zeit-Geist auflehne, weil er das [unleserlich] Juden-Volk von seinen Mahlzeiten ausschloße. Damahls wurde viel gelacht über den närrischen Kauz. Diesesmahl war er weiter gegangen, indem er sagt: diese Gesellschaft scheine ihm dem Tugend-Bunde anzugehören, der ein paar Pochen [sic!] früher gar seltsamer Dinge beschuldiget worden war. Diese boßhafte [unleserlich, wohl Inkrimination?] schien der Gesellschaft einer ernsten Rüge [?] werth, und der Sprecher wurde beauftragt, das Libell dem Herr Justiz-Kommissarius Balan mit den Ersuche zu übersenden: der nächsten Versammlung seine Meinung darüber mitzutheilen: ob der verläumderische Jude mit Erfolg in rechtliche Ansprach zu nehmen sey." [23]
Dies spielt auf eine Stelle in Aschers 1815 in Reaktion auf Friedrich Christian Rühs judenfeindliche Schrift Ueber die Ansprüche der Juden auf das deutsche Bürgerecht erschienenen Schrift Die Germanomanie an. Neben einer Erwiderung auf Rühs Argumente gegen eine bürgerliche Gleichstellung der Juden attestiert er dem „unter dem Namen deutsche christliche Gesellschaft im nördlichen Deutschland gebildeter Verein, innig verwandt und in Einverständnis mit dem sogenannten deutschen Tugendbund gewesen zu sein, über den Herr Schmalz und mehrere Männer von wahrem deutschen Sinn kürzlich so mancherlei zur Sprache gebracht.“ Der Tugendbund als eine der Keimzellen der antinapoleonischen Befreiungskriege war Ende 1809 durch Friedrich Wilhelm III. verboten worden, sodass sich die Tischgesellschaft trotz sicherlich ähnlicher Ideale von diesem abgrenzte. [24]
Nienhaus lagen 2003 noch unvollständige Quellen vor. Auch mit dem Brief von Gunda Savigny an Bettina Brentano vom 05. Dezember 1815, in der sie davon schreibt, dass „[d]ie sämtliche Gesellschaft […] gegen Ascher Anklage einkommen [will]; vielleicht wird es auch unterbleiben“ [25], blieb die Frage offen, ob jene Anklage erhoben wurde. Nun schafft ein Blick auf das nächste Tagblatt Klarheit: Nach einer beinahe grotesk-plakativen Affirmation des in der Tischgesellschaft grassierenden Antisemitismus [26] vermeldet das Protokoll, dass die „aus Veranlaßung des albernen Geschreibes des hiesigen Schutz-Juden Saul Ascher“ angestrengte Begutachtung bezüglich einer „gegen ihn anzustellen[den] Injurien-Klage“ zwar als „rechtlich begründet“ angesehen wurde, „daß es aber kaum der Mühe werth sey, den [unleserlich] Gesellen dadurch der verdienten Vergeßenheit zu entreißen, und die Versammlung schien diese Meinung zu theilen, wenigstens wurde kein Beschluß zur Anklage gefast.“ [27]
Fazit: „Wehe über die Juden, so da festhalten an ihrem Judenthum und wollen über unser Deutschthum spotten und schmähen!“ [28]
An späterer Stelle fügt Ascher der Aufzählung patriotischer Vereine noch eine dritte Organisation hinzu und schreibt, dass „Tugendbund, deutscher Bund, christlich deutsche Gesellschaft […] im verborgenen aber den Grund zu jenen politischen Vereinen bildeten, die den Nationalgeist jeden Augenblick zu elektrisieren vermochten.“ [29] Dieser Verweis auf Friedrich Ludwig „Turnvater“ Jahns nationalistischen Geheimbund, der bereits 1810 in Berlin gegründet wurde, selbstredend Juden ausschloss und eine wichtige Keimzelle für das Freikorps Lützow sowie die 1815 gegründete Urburschenschaft als fundamentale Pfeiler der deutschnationalen Bewegung war, betont die Relevanz, die Ascher der Tischgesellschaft für die antifranzösische Mobilisierung zuwies. [30] Es zeigt auch, dass Ascher die von ihm ausgemachte neue Schule als ideologisch vielfältiges Konglomerat aus burschenschaftlichen, romantischen wie auch transzendentalphilosophischen Akteuren betrachtete. Das einende Element in der frühnationalistischen Mobilisierung war neben der außenpolitischen Franzosenfeindschaft auch und gerade die innenpolitische Judenfeindschaft. [31] Daher darf nicht verwundern, dass neben der erwähnten Schrift von Schmalz auch Aschers Germanomanie 1817 von den feiernden Burschen auf der Wartburg verbrannt wurde, letztere versehen mit dem oben genannten Ausspruch von Hans Ferdinand Maßmann.
Auch wenn sich Fichte noch wenige Jahre zuvor gegen partiellen preußischen Patriotismus zuungunsten eines deutschen Nationalismus ausgesprochen hatte [32], gab sich die Tischgesellschaft gerade zu Anfang preußisch-patriotisch. Auch Ascher verstand sich als preußischer Patriot. [33] Letzterer schöpfte diesen Patriotismus allerdings aus der Idee, dass Preußens reformerischer Weg zum achtbaren modernen Staat selbstverständlich die aus der Französischen Revolution erwachsenen Ideale von Freiheit und Gleichheit umzusetzen gewillt war, gerade und auch mit der bürgerlichen Gleichstellung der Juden. In der Tischgesellschaft verstand man die patriotische Tat in der Abwehr vermeintlich subversiver jüdischer Elemente.
Zwar zeigt die Nachgeschichte des Itzig-Skandals – Moritz Itzig zog in den Befreiungskriegen in die Schlacht und fand den Heldentod, Arnim tat dies nicht und wurde von seinem ehemaligen Tischgenossen Friedrich Staegemann dafür verspottet [34] –, dass die gegen Frankreich kämpfenden deutschen Juden das Bild der Juden als ‚vaterlandslose Gesellen‘ ins Wanken brachten. Auch Ascher bemerkt, „daß Deutschlands Heere in dem Kampf gegen Frankreich unterlagen, ehe noch Juden in ihrer Mitte teil daran nahmen“ und „wie folgenreich sie in den Jahren 1812 und 1814 kämpften, als die Juden aus Rußland, Polen, Österreich und Preußen mit ihnen in Reihe und Glied standen“. [35] Dennoch setzte sich der antisemitische Impetus in der nationalistischen Bewegung durch den Wegfall der Franzosen als Abgrenzungsfolie vielleicht sogar noch stärker als zuvor fort.
Ebenjene Schrift von Rühs, die ausschlaggebend für Aschers Erwiderung in der Germanomanie war, kann als die „Spitze einer neuen Welle judenfeindlicher Hetzschriften“ gesehen werden, die „im Kontext der neu aufbrechenden Auseinandersetzungen um die staatsbürgerliche Gleichstellung der Juden bis zum judenfeindlichen Pogrom der ‚Hep-Hep-Unruhen‘ im Sommer 1819 immer weiter eskalieren sollten.“ [36]
Konnte die nationalistische Bewegung vor und während des sechsten Koalitionskrieges noch von der Hoffnung auf eine Verfassung oder gar eines gesamtdeutschen Nationalstaates zehren, zeichnete sich mit dem Wiener Kongress, in dessen Endphase Rühs’ Schrift fiel, die restaurative Tendenz der Nachkriegsordnung ab. Diese Enttäuschung, gepaart mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der langjährigen Koalitionskriege und dem scheinbaren Profit, den die Juden aus den Emanzipationsedikten der napoleonischen Zeit in vielen deutschen Teilstaaten gezogen hatten, verstärkten die ohnehin vorhandenen antisemitischen Tendenzen und Räsonnements der Bewegung. Dass die erkämpften Bürgerrechte für die Juden zu den ersten Reformen gehörten, die durch die Restauration annulliert wurden, interessierte weder die romantische Professorenriege noch die turnenden Burschen. Wie gehabt gegen Juden zu hetzen war komfortabler, als sich gegen das Metternichsche System und die nach den Karlsbader Beschlüssen einsetzende Demagogenverfolgung aufzulehnen, in der patriotische deutsche Christen gegen patriotische deutsche Christen vorgingen.
Anmerkungen
[1] Heinz Härtl: „Romantischer Antisemitismus. Arnim und die ‚Tischgesellschaft‘“, in: Weimarer Beiträge 33 (1987), S. 1159–1273, hier S. 1272.
[2] Vgl. Stefan Nienhaus: Geschichte der deutschen Tischgesellschaft, Tübingen 2003, S. 10.
[3] Vgl. ebd. S. 246ff. sowie Hildegard Baumgart: „Arnims ‚Judengeschichte‘: Eine biographische Rekonstruktion“, in: Arnim und die Berliner Romantik, Kunst, Literatur und Politik, hg. von Walter Pape, Tübingen 2001, S. 71–94. Zum Hintergrund und Lebensweg von Moritz Itzig, dessen Familie bereits seit 1791 durch ein Naturalisierungspatents Bürgerrechte besaß vgl. Thekla Keuck, die Itzig als „den emanzipierten und akkulturierten Juden par excellence“ bezeichnet. Thekla Keuck: „‚Für das Wohl des Vaterlandes‘. Strategien jüdischer Selbstbehauptung um 1800: Das Beispiel von Moritz Jonathan Itzig“, in: ASCHKENAS – Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden 18/19 (2010) 2, S. 301–310, Zitat S. 303.
[4] Alle Zitate bei Clemens Brentano: „Der Philister vor, in und nach der Geschichte“, in: Texte der deutschen Tischgesellschaft, hg. von Stefan Nienhaus, Tübingen 2008, S. 38–88, hier S. 43f.
[5] Ausführlich zur Philisterschrift Brentanos neben Nienhaus: Tischgesellschaft, S. 182ff. vor allem Günter Oesterle: „Juden, Philister und romantische Intellektuelle. Überlegungen zum Antisemitismus in der Romantik“, in: Athenäum – Jahrbuch der Friedrich Schlegel Gesellschaft 2 (1992), S. 55–89.
[6] Nienhaus: Tischgesellschaft, S. 216.
[7] Damit leistet ebenfalls Arnim seinen Beitrag zum Übergang eines christlichen Antijudaismus, der auch auf eine ‚Errettung‘ der Juden durch die Taufe abzielte, hin zu einem rassistisch begründeten Antisemitismus, den auch Tischgeselle Fichte bereits 1793 mit den angeblich „unübersteiglichen Verschanzungen“ der Juden, sich „zur allgemeinen Gerechtigkeits= Menschen= und Wahrheitsliebe“ zu öffnen, befeuerte. Johann Gottlieb Fichte: „Beitrag zur Berichtigung der Urtheile des Publikums über die französische Revolution. Erster Theil. Zur Beurtheilung ihrer Rechtmäßigkeit“, in: Fichte. Gesamtausgabe I, 1, hg. von Hans Jacob/Reinhard Lauth, Stuttgart 1964, S. 258–404, hier S. 292f. Dazu und zu Aschers Reaktion vgl. Jakob Ole Lenz: „Ascher gegen Fichte – eine Aktualisierung von Peter Hacks’ Ascher-Rezeption“, in: Berliner Debatte Initial 32/3 (2021), S. 139–151.
[8] Nienhaus: Tischgesellschaft, S. 234.
[9] Ethel Matala de Mazza: Der verfaßte Körper. Zum Projekt einer organischen Gemeinschaft in der Politischen Romantik, Freiburg 1999, S. 378.
[10] Birgit R. Erdle: „‚Über die Kennzeichen des Judenthums‘: Die Rhetorik der Unterscheidung in einem phantasmatischen Text Achim von Arnims“, in: German Life and Letters 49 (1996), S. 147–158, hier S. 151.
[11] Vgl. Marco Puschner: Antisemitismus im Kontext der politischen Romantik. Konstruktion des „Deutschen“ und des „Jüdischen“ bei Arnim, Brentano und Saul Ascher, Tübingen 2008.
[12] [Saul Ascher]: „Mannigfaltigkeiten aus Berlin“, in: Miszellen für die Neueste Weltkunde, Mittwoch, 01. Mai 1811. Am 21. Mai wurde der Artikel auch vom Pariser Journal de l’Empire übersetzt und übernommen.
[13] Zu Nachweis und Inhalt des Artikels, der bis 2022 als nicht-existent angesehen wurde, vgl. Jakob Ole Lenz: „Saul Ascher, Preußen und der Bonapartismus. Beitrag zur Eruierung einer komplizierten Beziehung“, in: Work in progress. Doktorand:innenjahrbuch, hg. von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Hamburg 2022, S. 137–153.
[14] [Friedrich Wilhelm Gubitz]: „Korrespondenz-Nachrichten“, in: Morgenblatt für gebildete Stände, 15. Juni 1811.
[15] Nienhaus: Tischgesellschaft, S. 281.
[16] Wie FN 12.
[17] [Saul Ascher]: „Fragmente aus Briefen über die Tendenz der wissenschaftlichen Bildung zu Berlin“, in: Morgenblatt für gebildete Stände, 01. Juli 1811. Die Validierung der Urheberschaft Aschers bzw. Gubitz’ zu den anonymen Artikeln erfolgt über Ulrich Ott (Hg.): Morgenblatt für gebildete Stände/gebildete Leser. 1807–1865. Register der Honorarempfänger/Autoren und Kollationsprotokolle, München 2000, S. 182 u. 272.
[18]: „Daher also die Tränen!!“ Alle Zitate bei [Saul Ascher]: „Fragmente aus Briefen über die Tendenz der wissenschaftlichen Bildung zu Berlin“, in: Morgenblatt für gebildete Stände, 02. Juli 1811.
[19] [Saul Ascher]: „Fragmente aus Briefen über die Tendenz der wissenschaftlichen Bildung zu Berlin“, in: Morgenblatt für gebildete Stände, 04. Juli 1811.
[20] Nienhaus: Tischgesellschaft, S. 285.
[21] Wie FN 19.
[22] [Saul Ascher]: „Mannigfaltigkeiten aus Berlin“, in: Miszellen für die Neueste Weltkunde, 14. Dezember 1811.
[23] Tagblatt zur 115. Versammlung der Tischgesellschaft, Digitalisat des Goethe- und Schillerarchivs Weimar, Sig. GSA 3/262,15, online abrufbar unter https://ores.klassik-stiftung.de/ords/f?p=401:2:::::P2_ID:483467, abgerufen am 02. Juli 2024.
[24] Saul Ascher: „Die Germanomanie. Skizze zu einem Zeitgemälde“, in: Saul Ascher. Flugschriften, hg. von André Thiele, Mainz 2011, S. 141–171, hier S. 148. Theodor Schmalz hatte mit seiner Schrift über politische Vereine im selben Jahr, aber noch vor Erscheinen der Germanomanie eine Diskussion ausgelöst. Die These dort lautete, dass nach dem Verbot und der Auflösung des Tugendbundes 1809 andere Geheimgesellschaften sich gebildet hätten, die eine Verschwörung gegen die Regierung planten. Auch in der Tischgesellschaft wurde dies diskutiert, da sich Mitglieder wie Schleiermacher an der Widerlegung beteiligten. Vgl. Theodor Schmalz: Berichtigung einer Stelle in der Bredow-Venturinischen Chronik für das Jahr 1808. Ueber politische Vereine, und ein Wort über Scharnhorts und meine Verhältnisse zu ihnen, Berlin 1815. Die gesamte sogenannte Tugendbundkontroverse, die mit einem immensen Reputationsverlust Schmalzens einherging und die der Schmalz-Biograf Hans-Christof Kraus als „schwersten Fehler in seinem Leben“ bezeichnet, kann an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden. Interessant ist allerdings die personelle Überschneidung mit Aschers Antagonisten, neben Georg Niebuhr und dem Tischgenossen Schleiermacher kam ein wichtiges Pamphlet gegen Schmalz aus der Feder von Friedrich Christian Rühs, dessen judenfeindliche Schrift Ueber die Ansprüche der Juden auf das deutsche Bürgerrecht 1815 in Aschers Germanomanie widerlegt wird. Vgl. Hans-Christof Kraus: Theodor Anton Heinrich Schmalz (1760–1831). Jurisprudenz, Universitätspolitik und Publizistik im Spannungsfeld von Revolution und Restauration, Frankfurt am Main 1999, S. 189–242, Zitat auf S. 209.
[25] Wilhelm Schellberg/Friedrich Fuchs (Hg.): Die Andacht zum Menschenbild. Unbekannte Briefe von Bettina Brentano, Jena 1943, S. 208.
[26] „Die Gegenwart eines sonst achtbaren, aber nicht in der Christlichen Kirche gebohrenen Mannes, war einem Theil der Anwesenden anstößig […].“ Tagblatt zur 116. Versammlung der Tischgesellschaft, wie FN 29.
[27] Ebd.
[28] Hans Ferdinand Maßmann: Kurze und wahrhafte Beschreibung des großen Burschenfestes auf der Wartburg bei Eisenach am 18ten und 19ten des Siegesmondes 1817, Jena 1817, S. 24.
[29] Saul Ascher: „Die Wartburgs-Feier. Mit Hinsicht auf Deutschlands religiöse und politische Stimmung“, in: Saul Ascher. Flugschriften, hg. von André Thiele, Mainz 2011, S. 193–225, hier S. 202.
[30] Vgl. Peter Hacks: Ascher gegen Jahn, Berlin 2024 sowie Jakob Ole Lenz: „‚Einer von meinen Leuten‘. Saul Ascher als zeitgenössischer Kronzeuge gegen die Romantik in Peter Hacks’ Spätwerk“, in: Das poetische Werk nach 1989. Jahrbuch der Peter-Hacks-Gesellschaft, hg. von Kai Köhler, Berlin 2022, S. 59–87, hier S. 76ff.
[31] Vgl. Stefan Nienhaus: „Politische Romantik. Nutzen und Missbrauch eines kulturhistorischen Begriffs“, in: Einheit der Romantik? Zur Transformation frühromantischer Konzepte im 19. Jahrhundert, Paderborn 2009, S. 57–66, hier S. 66.
[32] Vgl. Johann Gottlieb Fichte: „Der Patriotismus und sein Gegentheil“, in: Gesamtausgabe der bayerischen Akademie der Wissenschaften, Abt. II, Nr. 9, S. 387–446, hier S. 403.
[33] Vgl. Lenz: Ascher, Preußen, S. 151f.
[34] Vgl. Wolfgang Frühwald: „Antijudaismus in der Zeit der deutschen Romantik“, in: Conditio Judaica. Judentum, Antisemitismus und deutschsprachige Literatur vom 18. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg. Zweiter Teil, hg von Hans Otto Horch/Horst Denkler, Tübingen 1989, S. 71–91, hier S. 76.
[35] Ascher: Germanomanie, S. 170.
[36] Werner Treß: „Grundlegungen einer wissenschaftlichen Betrachtung der Judenfeindschaft im 19. Jahrhundert bei Saul Ascher, Sigmund Zimmern, Michael Hess, Immanuel Wolf und Leopold Zunz“, in: Beschreibungsversuche der Judenfeindschaft, hg. von Hans-Joachim Hahn/Olaf Kistenmacher, Berlin [u. a.] 2014, S. 69–97, hier S. 69.
Der wissenschaftliche Impuls ist unter folgendem Link dauerhaft abrufbar: https://doi.org/10.22032/dbt.62560